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Containern

Containern – ein Versuch, Lebensmittelverschwendung entgegenzuwirken

Laut Welthungerhilfe werden in Deutschland jährlich insgesamt rund 12 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen. Davon werden rund 2,6 Millionen Tonnen von Supermärkten entsorgt.

Leider landen viele Lebensmittel in Müllcontainern, oft, weil sie eine beschädigte Verpackung, Flecken, Dellen oder andere kleine Makel aufweisen. Ein weiterer Faktor ist die industrielle Überproduktion. Um den Kunden jederzeit eine vielfältige Auswahl an Produkten anbieten zu können, bestellen viele Läden eine große Fülle an Lebensmitteln, deren Überschuss bei Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums weggeworfen wird. Oftmals sind diese Lebensmittel trotzdem noch genießbar. Für Supermärkte ist es aufgrund aufkommender Steuern jedoch mit höheren Kosten verbunden, diese Lebensmittel an Bedürftige zu spenden, als sie einfach wegzuwerfen.

Beim Containern werden nach Ladenschluss noch verwertbare Lebensmittel aus den Müllcontainern entwendet, vor allem Obst und Gemüse.

Es gibt viele unterschiedliche Gründe, die Menschen zum Containern motivieren: manche wollen damit auf die Ressourcenverschwendung aufmerksam machen und zeigen, wie brauchbar der Müll unserer Gesellschaft sein kann. Auch Menschen, die wenig oder kein Einkommen haben, können vom Containern profitieren. Beim Containern wird häufig mehr gesammelt, als selbst konsumiert werden kann – manche verschenken oder spenden die gesammelten Lebensmittel. Allen gemeinsam ist, dass sie das Containern als Lebensmittelrettung sehen.

Leider ist Containern juristisch gesehen eine Straftat. Der Abfall gehört bis zur Entleerung der Container den Supermärkten und geht dann auf den zuständigen Entsorgungsbetrieb über. Die Container befinden sich in der Regel auf Privatgelände und sind manchmal abgeschlossen. Menschen, die Containern, begehen somit nach derzeitiger Rechtslage Diebstahl, Hausfriedensbruch und/oder Sachbeschädigung (falls Schlösser aufgebrochen werden). Folge davon können beispielsweise Bußgelder und/oder Sozialstunden sein, wenn der betroffene Supermarkt Anzeige erstattet. Das kommt jedoch selten vor – manche Supermarkt-Betreiber verzichten auf Zäune und Überwachungskameras und finden es nicht schlimm, wenn Lebensmittel aus ihren Containern mitgenommen werden.

 Im Laufe der letzten Jahre haben einzelne strafrechtliche Prozesse um das Containern für Schlagzeilen gesorgt und auf gesellschaftlicher und auch auf politischer Ebene zu Diskussionen über die Legalisierung des Containerns und generell den Umgang mit der Lebensmittelverschwendung angeregt. Till Steffen, Mitglied der Grünen und Hamburgs Justizsenator, setzte sich 2020 dafür ein, das Containern zu legalisieren. Er scheiterte jedoch, vor allem am Widerstand der CDU-Länder. Auch weitere Initiativen, das Containern zu legalisieren, hatten bisher keinen Erfolg. Laut Bundesregierung soll die Lebensmittelverschwendung bis 2030 halbiert werden, aber Maßnahmen oder Gesetze wurden noch nicht konkretisiert.

Manche andere Länder gehen fortschrittlicher mit dem Problem der Lebensmittelverschwendung um. Belgische Supermärkte dürfen seit einem 2014 eingeführten Gesetz keine unverkäuflichen Lebensmittel, die noch verzehrbar sind, wegschmeißen. Große Supermärkte sind seitdem dazu verpflichtet, ihren Überschuss an karitative Organisationen zu spenden. Bei Missachtung des Gesetzes droht unter Umständen sogar der Entzug der Verkaufslizenz. In Frankreich wurde 2016 ein Gesetz beschlossen, welches Supermärkte (ab einer Größe von 400m²) dazu verpflichtet, nicht verkaufte, aber noch verwertbare Lebensmittel günstiger abzugeben oder zu spenden. Sollten die Lebensmittel wirklich verdorben sein, sollen sie zumindest kompostiert werden. Bei Missachtung des Gesetzes drohen hohe Geldstrafen. Inzwischen gibt es ähnliche Gesetze in Italien und Tschechien.