Die Multimedia-Installation „Return to Sender“ von The Nest Collective, einem Künstlerkollektiv mit Basis in Nairobi (Kenia), wurde im Rahmen der documenta fifteen (Kassel, Deutschland) ausgestellt.
The Nest Collective wurde 2012 gegründet und besteht aktuell aus sieben KünstlerInnen, die mit den Medien bildende Kunst, Literatur, Film, Musik und Mode arbeiten. Das Kollektiv erlangte durch die queere Filmreihe „Stories of Our Lives" internationale Bekanntheit – die Anthologie war in über 80 Ländern zu sehen und erhielt zahlreiche Preise, ist aber in Kenia selbst verboten. Generell beschäftigen sich ihre Werke mit Identität und gegenwärtigen urbanen Erfahrungen in afrikanischen Ländern, aber auch mit globalen Zusammenhängen und Verstrickungen.
„Return to Sender“ wurde auf der großen Karlswiese vor der Orangerie inmitten des barocken Staatsparks Karlsaue präsentiert, wobei das Werk bewusst im Kontrast zu der gepflegten Landschaft stand: riesige verschnürte Stoffballen aus Altkleidern, sogenannte „mitumba“ (Suaheli, im deutschen „Bündel“, „Ballen“), wurden von The Nest Collective aus Kenia zurück nach Europa transportiert, gestapelt und als Baumaterial für einen temporären Pavillon mit Wellblech-Dach verwendet. Daneben standen fein nach Farben sortierte Anhäufungen aus Plastikabfällen und Elektroschrott. In dem Pavillon wurde der Film „Return to Sender – Delivery Details“ gezeigt, in dem die komplexe Problematik von Kleiderspenden aus Industrienationen, die nach Kenia geschickt werden, thematisiert wird. Zudem wurde die Installation außerhalb des Pavillons von Geräuschen begleitet, die auf verschiedenen Second-Hand-Märkten in Nairobi aufgezeichnet worden waren.
Eigentlich wird Altkleidung gespendet um Gutes zu bewirken und anderen Menschen zu helfen – die Realität sieht leider anders aus. The Nest Collective wollte mit „Return to Sender“ darauf aufmerksam machen, welche zerstörerischen Auswirkungen von den Stoffpaketen ausgehen.
Altkleidung – vor allem aus Europa und den Vereinigten Staaten von Amerika - wird in den globalen Süden gebracht. Die Kleiderpakete werden dort ungeöffnet zum Kilopreis verkauft. Ob die Kleidung noch gebrauchsfähig ist oder nicht, merken die KäuferInnen erst nach dem Ankauf. Etwa 40 Prozent der verschifften Altkleidung ist unbrauchbar, landet auf gewaltigen Mülldeponien und konfrontiert die Menschen mit einem unüberwindbar anmutenden Entsorgungsproblem. Millionen Menschen arbeiten auf den Mülldeponien und sortieren den Müll eigenhändig aus, um noch verwertbare Dinge zu finden – eine gefährliche und gesundheitsschädliche Arbeit.
Jene Kleidung, die noch gebrauchsfähig ist, schadet der heimischen Textilindustrie. In Ländern wie Kenia dominiert Second-Hand-Ware den Markt. Sunny Dolat, ein Mitglied von The Nest Collective, beschrieb die Problematik folgendermaßen: „Second-Hand-Kleidung habe ich, wie viele im globalen Süden, mein ganzes Leben lang getragen. Sie können in diese Märkte gehen und eine Jeans für einen Dollar kaufen, und welcher Hersteller, welcher Designer kann mit diesem Preis mithalten?“.
„Return to Sender“ ist als Kritik am unkontrollierten Konsum des globalen Nordens und gleichermaßen als Aufforderung einzuordnen: „Für mich transportiert der Titel eine ganz klare Botschaft: Hört damit auf Euren Müll in Länder wie meines zu verschiffen und kümmert Euch selbst darum!“, sagte Njoki Ngumi von The Nest Collective in einem Interview über das Kunstwerk.
https://www.thisisthenest.com/news/2022/6/14/the-nest-at-documenta-15-return-to-sender
https://documenta-fifteen.de/lumbung-member-kuenstlerinnen/the-nest-collective/
https://www.daserste.de/information/wissen-kultur/ttt/sendung/ttt-documenta-112.html
https://www.daserste.de/information/wissen-kultur/ttt/videos/ttt-documenta-video-110.html
https://www.monopol-magazin.de/nest-collective-documenta?slide=0