Wolfgang Beltracchi, geboren am 4. Februar 1951 in Höxter als Wolfgang Fischer, ist ein Maler und ehemaliger Kunstfälscher.
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Beltracchi
Beltracchis Vater arbeitete als Kirchenmaler und Restaurator, seine Mutter als Lehrerin. Schon mit 14 Jahren half Beltracchi seinem Vater Kopien von Rembrandt, Picasso und anderen Künstlern anzufertigen.
Beltracchi wurde vom Gymnasium verwiesen und brach sein anschließend begonnenes Kunststudium an der Werkkunstschule Aachen ab. In den darauffolgenden Jahren lebte er in Kommunen und Wohngemeinschaften, bereiste viele Länder Europas und Nordafrika, und arbeitete als Künstler. Er malte eigene Werke, arbeitete ab 1972 aber vermehrt an Kopien bekannter Künstler. Anfangs malte er viele Bilder im Jugendstil und Expressionismus, die er auf Flohmärkten verkaufte. Außerdem kaufte er Bilder, änderte sie und verkaufte sie dann weiter – zum Beispiel, indem er Schlittschuhläufer in nordische Winterbilder malte.
Im Haus der Kunst (in München) hatte Beltracchi 1978 eine erste eigene Ausstellung. Obwohl seine neosurrealistischen Bilder gut ankamen, widmete er sich in den darauffolgenden Jahren vermehrt den Fälschungen.
Seine Frau Helene Beltracchi lernte er 1992 kennen, die beiden heirateten bereits nach einem Jahr. Sie wanderten 1995 nach Südfrankreich (nahe Montpellier) aus und zogen dort ihre beiden Kinder Franziska und Manuel groß.
Währenddessen perfektionierte Beltracchi sein Handwerk. Im Laufe der Jahre schleuste er mit Hilfe seiner Frau etwa 300 Bilder unter falschem Namen in den Kunstmarkt ein. Beltracchi kopierte keine Werke mehr, sondern eignete sich den Stil, quasi die Handschrift, bekannter Künstler aus verschiedenen Epochen an. Dazu gehörten Henri Matisse, Max Ernst, Heinrich Campendonk und Max Pechstein. Über jeden der Künstler recherchierte Beltracchi umfangreich – er studierte deren Werke und Techniken und legte eine Fachbibliothek an. Oft malte er Bilder, die als verschollen galten. Während und nach den beiden Weltkriegen verschwanden viele bedeutungsvolle Kunstwerke, von denen teilweise Aufzeichnungen und vereinzelt Fotografien blieben. Aber er schuf auch neue Motive und Titel, die zu dem jeweiligen Künstler passten. Manchmal kreierte er neue Werke, indem er unterschiedliche Elemente bekannter Bilder abmalte und zu einem neuen Gesamtbild zusammenfügte. Die dazugehörenden Unterschriften fälschte er.
Beltracchi malte auf Bildern, die er auf Flohmärkten und in Antiquitätengeschäften kaufte – er schabte die alten Leinwände ab und übermalte sie mit selbst gemischten Ölfarben. Er ging sehr detailverliebt vor – so schmückte er manche Holzrahmen mit Holzwurmlöchern und versah die Bilder mit Staub. Er fälschte nicht nur Unterschriften, sondern auch Galerie-Aufkleber auf der Rückseite der Bilder. Um den Verkauf an Auktionshäuser, GaleristInnen und private KunstsammlerInnen zu erleichtern, wurden Geschichten über die vermeintliche Herkunft der Gemälde erfunden – eine davon war, dass die Bilder aus der privaten Sammlung von Helene Beltracchis verstorbenem Großvater stammen würden. Diese Herkunftslegenden – und die Sorgfalt, mit der Beltracchi seine Werke erstellte – täuschten sogar renommierte Kunstexperten. Helene Beltracchi arbeitete neben ihrem BWL-Studium im Kunst- und Antiquitätenhandel und sammelte in der Zeit auch Erfahrungen in einer Restaurationswerkstatt. Sie half ihrem Mann, indem sie Kontakt zu Kunsthistorikern herstellte und Gutachten und Echtheitszertifikate einholte. In der Regel wurde bei der Betrachtung der Bilder auf eine chemische Analyse verzichtet, und Beltracchis Fälschungen wurden als authentische Werke betrachtet.
Beltracchi und seine Frau verdienten schätzungsweise 20-50 Millionen € mit den verkauften Bildern. Sie kauften 2005 ein weiteres Anwesen in Freiburg und führten ein sehr luxuriöses Leben – bis eines von Beltracchis Gemälden 2010 als Fälschung auffiel. Es handelte sich dabei um das Werk „Rotes Bild mit Pferden“, welches dem Expressionisten Heinrich Campendonk zugeschrieben wurde. In einem Ausstellungskatalog der Galerie Flechtheim von 1920 wurde der Titel erwähnt, aber das Werk galt als verschollen, bis Beltracchi es fälschte und in den Kunstmarkt brachte. „Rotes Bild mit Pferden“ wurde bei einer Auktion im Kunsthaus Lempertz in Köln für 2,9 Millionen € versteigert. Jahre später fielen einem Kunstexperten auf, dass mit den Aufklebern angesehener Galerien auf dem Keilrahmen der Leinwand etwas nicht stimmte. Daraufhin wurde ein Echtheitsgutachten bei dem Auktionator Lempertz angefordert. Bei der chemischen Untersuchung des Gemäldes tauchte unter den verwendeten Farben das Pigment Titanweiß auf, welches 1914, im angeblichen Entstehungsjahr, noch gar nicht existierte. Nach Aufdeckung der Campendonk-Fälschung begannen die Ermittlungen gegen Beltracchi.
Beltracchi, seine Frau und zwei weitere Komplizen wurden 2011 durch das Landgericht Köln wegen Urkundenfälschung und gewerbsmäßigem Bandenbetrug verurteilt. Die Strafen fielen verhältnismäßig milde aus, da Beltracchi ein umfassendes Geständnis ablegte. Beltracchi selbst bekam eine Haftstrafe von 6 Jahren im offenen Vollzug, währenddessen konnte er in seinem Atelier arbeiten. Seine Frau bekam eine Haftstrafe von 4 Jahren im offenen Vollzug. Beide mussten zusammengenommen 20 Millionen € Rückzahlung leisten.
Im Prozess ging es jedoch nur um 14 Fälschungen - Beltracchi hat den Großteil seiner Werke nicht enthüllt. Mehr als 200 gefälschte Werke hängen bis heute unerkannt weltweit in Museen und privaten Sammlungen.
Inzwischen wohnen Wolfgang und Helene Beltracchi nahe Luzern in der Schweiz. Beltracchi arbeitet weiterhin in einem Atelier und veröffentlicht seine Werke unter eigenem Namen.