Was macht z. B. ein erfolgreiches Leben aus? Da können die Ziele sehr unterschiedlich aussehen.
Der Rote Faden
Von Rolf Mackowiak
Erfolg
Es ist sicher ein Erfolg, wenn ich z. B. eine Prüfung mit einem guten Resultat beendet habe, und ich bin dann zu Recht auf meine Leistung stolz. Erfolge sind wichtig, denn sonst würde es z. B. nicht so viele sportliche Wettkämpfe geben. Obwohl ich da manchmal durchaus rätsele, worin die Sinnhaftigkeit einer solche Betätigung – nein: Anstrengung – denn so besteht. Ich stehe allen sportlichen Aktivitäten eher distanziert gegenüber, und deshalb sei mir meine Ignoranz verziehen.
Aber kommen wir auf die anfängliche Frage zurück. Um Erfolg zu haben, brauche ich ein Ziel, unabhängig davon, ob ich es mir selbst setze oder ob es mir vorgegeben wird. Es kann ein kurzfristiges Ziel sein wie das Aufräumen der Wohnung oder einfach mal wieder den Rasen zu mähen. Sie können aber auch eher langfristig angelegt sein, wenn ich mich z. B. entschließe, eine Fremdsprache zu erlernen. Dabei kann es gut sein, daß die Anfänge nicht unbedingt motivierend verlaufen. Ich weiß noch, wie schwer ich mich anfangs beim Spanisch-Unterricht in der Schule getan habe, weil der Wortschatz und die Grammatik mir zunehmend vertrauter wurden, beides aber nicht in genügendem Umfang, um eigene Gedanken in die nicht mehr ganz so fremde Sprache zu fassen.
Beim Aufräumen und Rasenmähen sind die Erfolge gleich sichtbar, beim Erlernen der Fremdsprache kann sich das hinziehen, bis ich die Lernerfolge an mir erlebe. Aber wie sieht es bei anderen Arten des Erfolges aus? Was macht z. B. ein erfolgreiches Leben aus? Da können die Ziele sehr unterschiedlich aussehen. Der eine mißt es an seinem finanziellen Status, andere können da ganz andere Ziele für wichtig halten, wie die einfache Zufriedenheit mit sich selbst und dem Leben oder ein aktives Leben mit vielen sozialen Kontakten usw.
Der materielle Erfolg läßt sich leichter messen als das Erreichen immaterieller Ziele, aber bei beiden Zielen stellt sich auch die Frage, wonach dieser Erfolg bemessen wird. Reicht es, einfach nur reich zu sein oder spielt es nicht auch eine Rolle, wie dieser Reichtum zustande kam. Wer einfach nur erbt, dem fällt der Reichtum in den Schoß. Ist das befriedigend, vor allem auf Dauer? Wann nutzt sich der Glanz dieses Reichtums ab und sein Geschmack wird fade?
Es gibt eine Untersuchung über Lottogewinner, die ganz groß abgesahnt hatten. Da war die anfängliche Euphorie natürlich groß, aber nach einem Jahr hatte sich das gegeben, und die Zufriedenheit mit dem Leben war wieder genauso groß (oder klein) wie vor dem Gewinn.
„Geld macht nicht glücklich“, heißt es ja – aber ich jedenfalls würde mich nicht dagegen sträuben. Der Nachsatz zu dem eben Gesagten lautet nämlich „aber es beruhigt.“ Wirklich? Was, wenn mich die Angst verzehrte, ich könne das, was mir so leicht in den Schoß fiel, mit derselben Leichtigkeit auch wieder verlieren? Dann wäre dieser Reichtum eher ein Danaer-Geschenk, also ein Gewinn, der mich eher unglücklich macht.
Ich mache es mal konkret. Was würde ich mit einem Reichtum machen, der mir ohne eigene Anstrengung zufiele? Da ich nicht frei von Egoismus bin, würde ich ihn auch entsprechend für mich verwenden. Aber: Ich bin auch der Überzeugung, daß Reichtum, der nur einem selbst dient, nichts von Wert ist. Ich würde also versuchen, diesen Reichtum mit anderen zu teilen – aber um Himmels Willen nicht offen! Ich würde versuchen, einen Weg zu finden, bei dem ich anonym bleibe. (Also drücken Sie mir die Daumen – vielleicht zählten Sie zu den Begünstigten!)
Aber werfen wir doch mal einen Blick auf die ganz Reichen. Nehmen wir einfach mal Bill Gates und Elon Musk. Beide bestimmt keine armen Teufel, aber tauschen möchte ich mit den beiden nicht, wenn ich dafür deren Charakter annehmen müßte. Was wäre, wenn ich mir fast jeden Wunsch erfüllen könnte, der nur von meinem Reichtum abhinge? Könnte ich mich noch über etwas wirklich freuen? Das sind Fragen, auf die ich keine Antwort weiß, weil ich wohl nie in diese Lage kommen werde.
So weit es mich angeht, bin ich mit meinem jetzigen Leben ganz zufrieden. Sicher gibt es eine ganze Reihe von Wünschen, die ich mir gegenwärtig nicht erfüllen kann, aber darüber hinaus quält mich nichts, das mir das Leben vergällte. Mein Alter bringt gewisse Einschränkungen mit sich, aber es besteht eben nicht nur daraus. Neugierig bleiben und über die großen Dinge die kleinen nicht zu vergessen und zu übersehen – das reicht mir für den Moment. Für den Rest fragen Sie mich nach meinem 150. Geburtstag… (Vorher glaube ich nämlich nicht an das Alter!)