Der Rote Faden

Von Rolf Mackowiak

Geld

Geld hat sich also von etwas Materiellem in etwas weitgehend Immaterielles gewandelt.

Geld scheint etwas völlig Selbstverständliches zu sein, schließlich führen wir es täglich mit uns. Vor allem Bargeld macht einen sehr realen Eindruck. Aber ganz so einfach ist die Sache nicht.

Ziemlich lange war der Wert des Geldes durch das Material, vor allem Gold und Silber, abgesichert. Wobei es schon zu Schwankungen des Werte kommen konnte, wenn sich der Preis von Gold und Silber veränderte. Der amerikanische Dollar war an den Wert einer be­stimm­ten Goldmenge gekoppelt, d. h. man konnte jederzeit seine Dollar in Gold umtauschen.

Heute gibt es solch eine materielle Abdeckung des Geldes nicht mehr und der Materialwert eines Geldscheins stand noch nie in einem direkten Verhältnis zu seinem Geldwert. Was also macht das Geld wertvoll?

Im Grunde nur die Übereinkunft, es als Geld zu verwenden und der staatlichen Kontrolle der Geldmenge z. B. durch die Bundesbank oder die Europäische Zentralbank. Mit anderen Worten: Die Existenz des Geldes und sein Wert ist weitgehend Vertrauenssache. Es gibt keine direkte Deckung des Geldwertes durch irgendwelche Sachwerte.

Es gibt noch eine Einschränkung. Eine direkte Kontrolle über die Geldmenge kann die Bundes­bank nur über die Bestände an Bargeld ausüben. Dabei sind etwa 80 % des Geldes soge­nanntes Giralgeld. Dies bedeutet, daß jeder vergebene Kredit die Geldmenge erhöht; die Banken schaffen sich sozusagen das Geld selbst durch die Vergabe von Krediten.

Das ist erst einmal ernüchternd. Aber ich möchte daran erinnern, daß dies an der Börse gang und gäbe ist. Da legen Werte einen Höhenflug hin, obwohl die Firmen nur Verluste einfahren, weil die Anleger die Erwartung haben, daß sich daraus doch ein profitables Unternehmen entwickelt.

Geld hat sich also von etwas Materiellem in etwas weitgehend Immaterielles gewandelt. Ich erinnere mich in dem Zusammenhang an den Roman „Balzapf“ von Gerold Späth, in dem der Protagonist durch Erbschaft zu Reichtum gelangt und die Bank dadurch in Verlegenheit bringt, daß er sein Geld sehen möchte…

Wir haben uns daran gewöhnt, die Zahlen auf dem Kontoauszug als etwas Reales zu begreifen, aber im Kern sind dies nur elektronisch gespeicherte Daten. Die Entstehung sogenannter Kryptowährungen ist so gesehen nur konsequent – allerdings fehlen ihnen wichtige Merkmale von Geldwährungen, und wenn man in Betracht zieht, welche Energiemengen ihre Erzeugung verschlingt, werden sie noch ein wenig zweifelhafter. Worauf basieren sie und wer garantiert für ihre Beständigkeit?

Ich habe einmal einen Bericht über die sogenannte „Blockchain“, die für Kryptowährungen essentiell ist, gesehen, war danach aber auch nicht unbedingt klüger. Im Gedächtnis ist mir in der Hauptsache geblieben, daß dies sehr viel Energie braucht.

Geld hat eine wichtige Funktion: Es dient als Tauschmittel für Waren und Dienstleistungen, aber auch als Wertmaßstab. Der frühe Handel war ja ein Tausch Ware gegen Ware. Das war nicht nur umständlich, sondern auch sehr davon abhängig, ob sich Käufer und Verkäufer über den Wert der Waren einig waren. Heute muß man nur die Preise vergleichen und sich das passende Angebot heraus­suchen. Eines sollte man sich dabei aber klar vor Augen halten: Diese Vergleichbarkeit gilt nur für vergleichbare Produkte. Es ergibt einfach keinen Sinn, den Preis eines Buches mit dem eines T-Shirts zu vergleichen.

„Ohne Moos nix los“, lautet ein bekannter Satz. Es gibt dazu einen passenden Begriff: die Erwerbsarbeit. Man sollte sich dieses Wort ruhig ein wenig näher ansehen. Die gängige Sichtweise ist ja, daß wir für den Aufwand unserer Arbeitskraft durch Lohn bzw. Gehalt bezahlt werden. Man kann das aber auch anders auffassen: Wir erwerben das Geld im Tausch gegen die Arbeitskraft. Dieser kleine Perspektivwechsel rückt den Fokus von der Arbeitskraft auf das Geld, d. h. wir verschaffen uns über die Arbeit das Tauschmittel, für das wir Waren und Dienstleistungen erhalten.

Für Bargeld kann ich Waren direkt erwerben. Das geht natürlich auch bargeldlos, und die Begleichung eines Einkaufs über eine Karte ist weit verbreitet. Dabei wechselt aber kein reales Geld den Besitzer, sondern die Daten werden nur auf ein anderes Konto übertragen, ihm also zugeordnet. Es gibt aber immer wieder Vorfälle, die einen Zugriff auf die Daten und deren Transfer unmöglich machen. Es ist noch gar nicht so lange her, da fand sich im Eingangsbereich eines Discounters der Hinweis, gegenwärtig sei keine Kartenzahlung möglich. Man hat zwar das Geld auf dem Konto, kann aber nicht darüber verfügen, weil die technische Infrastruktur dafür nicht funktioniert.

Das ist ein Umstand, der mich ein Fan des Bargelds bleiben läßt. Jede elektronische Buchung hinterläßt entsprechende Datenspuren, und es ist sicher kein Zufall, daß in einem Über­wachungsstaat wie China kaum noch Bargeld im Umlauf ist. Es hat sicher seine Vorteile, mit dem allgegenwärtigen Smartphone – mit dem man nebenbei auch noch telefonieren kann – bezahlen zu können, aber mir als Datensicherheits-Paranoiker dreht sich dabei der Magen um.