Der Rote Faden

Von Rolf Mackowiak

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Statt „Sex & Drugs & Rock `n Roll“ wohl doch eher Mon Cherie, Schwarzwälder Kirsch und – Bügelwäsche.

 

Ich komme noch einmal auf die Bundestagswahl oder genauer, deren Auswirkung auf die Parteien, insbesondere die CDU zu sprechen. Bei aller Nächstenliebe muß man nicht allzu viel Mitleid mit Armin Laschet haben. Aber wenn man sich die Riege der Kandidaten anschaut, fällt eines doch unangenehm auf: Die Abwesenheit von Frauen. Alle Kandidaten sind ältere Männer, katholisch und aus NRW. Wenn das ein Neuanfang sein soll, denke ich nur mit Schrecken an die Möglichkeit, die CDU wolle sich wieder stärker an der Vergangenheit orientieren. Sie finden das gar nicht so schlimm? Dann, lieber Zuhörer, bist du keine Frau. Oder leidensfähig. (Ist das nicht gleichbedeutend?)

Man muß sich wirklich einmal vergegenwärtigen, wie lange die rechtliche Position von Frauen mittels Gesetz eingeschränkt war. Bis in die 70er Jahre durften Frauen formell nur dann einen Beruf ausüben, wenn der Ehemann dem zustimmte. Das war nach `68. Die wilde Zeit. Aber irgendwie an den Frauen vorbeigegangen. Statt „Sex & Drugs & Rock `n Roll“ wohl doch eher Mon Cherie, Schwarzwälder Kirsch und – Bügelwäsche.

Aber zurück zu den diversen Kandidaten. Ich bin ja als getaufter Protestant, der sich in dem Alter gegen die Taufe nicht wehren konnte, immer noch sauer auf die Katholen-Mafia unter Kohl. Ein bundesweiter Feiertag sollte ja abgeschafft werden, um die Wirtschaft zu stärken und es traf ausgerechnet den einzigen bundesweiten evangelischen Feiertag, nämlich den Buß- und Bettag. Tja, liebe Brüder in Christo, da habt ihr euch aber wirklich sehr solidarisch mit der Bruderkirche verhalten. Chapeau!

Zurück in die Gegenwart. (Die Zukunft vorauszusagen, ist keine Kunst. Aber die Gegenwart zu erahnen, meinte der polnische Aphoristiker Stanislaw Jerzy Lec.) Also gebe ich mich mal sehr ahnungsvoll. Dat ward nix, würde man in meiner niedersächsischen Heimat sagen. Und das finde ich schon einen Exzeß an guter Vorahnung. Scholz, gefühlt seit Olims Zeiten Finanzminister, jetzt als Bundeskanzler. Da merkelt man doch auf.

Mir fällt da Gerhard Schröder ein: Wir werden nicht alles anders, aber vieles besser machen. Wenn das Vorbedeutung sein soll, dann Gute Nacht! Von wem läßt sich Scholz nach einer Schamfrist anheuern? Putin hat ja schon Schröder in der Tasche, vielleicht braucht Xi Jinping ja noch ein Schoßtier. Das Gute-Laune-Lächeln hat Scholz ja schon drauf.

Und die Grünen. Ach je. Habeck mit Ambitionen auf das Finanzministerium. Aber da sei Christion Lindner vor! (Vor dem allerdings Wirtschaftswissenschaftler warnen – er sei zu rückwärtsgewandt. Wenn die Recht haben… s. o.) Ich weiß auch nicht, warum mir jetzt Waldorf und Stattler in ihrer Loge einfallen. Das Unterbewußtsein ist ein geheimnisvoller Bruder.

Was bleibt da für Annalena Baerbock? Im Augenblick kommt sie in den Nachrichten ja kaum vor. Na gut, es wird noch sondiert. Aber bei Sonde denke ich an diesen unangenehmen kleinen Haken beim Zahnarzt, mit dem er marode Stellen aufspürt.

Bemerkenswert ist ja, wie alle drei verhandelnden Parteien sich an die Verschwiegenheit halten. Ist das jetzt eine zivile Variante der Omerta?

Aber ich will jetzt auch nicht zu pessimistisch in die Welt schauen. Nur: Ich wünsche mir die Zeit der Gebrüder Grimm zurück, deren Märchen ja ursprünglich mit den Worten „Als das Wünschen noch geholfen hat“ begannen. Ein wenig dieses magischen Realismus´ gehör­te wohl auch in die heutige Zeit.

Okay, ich bin jetzt ein wenig übellaunig, und das überträgt sich auch auf den Text. In anderem Zusammenhang heißt es ja, die Liebe sei der Triumph der Hoffnung über die Erfahrung. Aber ich habe nun einmal ein gutes Gedächtnis. „Wo bleibt das Positive, Herr Kästner?“ fragte sich der Autor selbst und gab auch gleich die Antwort, „Ja, wo bleibt es nur?“ Ich fürchte, ich bin da auf demselben Stand der Unkenntnis.