Der Rote Faden

Von Rolf Mackowiak

Künstliche Intelligenz

Für mich sind Intelligenz und Bewußtsein untrennbar miteinander verknüpft.

Schon der Grundbegriff „Intelligenz“ bringt seine Schwierigkeiten mit sich. Eine eindeutige Definition dafür gibt es nämlich nicht. Aber jeder hat wohl, genau wie ich, eine vage Vorstellung davon, und das soll erst einmal genügen.

Künstliche Intelligenz oder kurz KI ist ebenso schillernd in der Begrifflichkeit. Als Zielsetzung soll sie ja der Menschheit helfen, grundlegende Probleme zu lösen oder wenigsten Antworten bieten, die dabei helfen.

Es gibt ja bei modernen Autos eine ganze Reihe von Hilfssystemen, die durchaus erstaunliches leisten können, auch viele Smartphones können auf durchaus komplexe Weise per Sprache gesteuert werden. Aber ist das schon Intelligenz? Wohl eher nicht. Auch wenn die steuernden Algorithmen sehr komplex sind, so bleiben sie doch Algorithmen, also grob gesagt Rechenvorschriften.

Ich erinnere mit an ein Programm namens „Eliza“, das von dem Computerwissenschaftler Joseph Weizenbaum entwickelt wurde. Es war sehr einfach gestrickt und reagierte im Grunde nur auf bestimmte Schlüsselbegriffe. Waren die dem Programm unbekannt, dann fragte das Programm nach. Ein Beispiel: Wenn ich den Satz „Ich bin heute ziemlich traurig“ eingab, dann konnte das Programm etwa zurückfragen „Warum bist du traurig?“ oder „Was meinst du mit traurig?“ Es blieb aber eine sehr schematische Reaktion des Programms. Das Irritierende dabei war aber nicht der Computer, sondern die Reaktion der Anwender. Die mochten es z. B. gar nicht, wenn man ihnen über die Schulter schaute – sie hatten dann oft das Gefühl, bei einem intimen Gedankenaustausch bzw. Gespräch belauscht zu werden.

Nun stammte das Programm aus einer Zeit, als noch nicht jeder Zugang zu einem Computer hatte und Weizenbaum hatte das Programm geschrieben, um Skepsis gegenüber dem Computer zu wecken. Nicht umsonst lautet der Titel eines seiner Bücher „Von der Macht der Computer und der Ohnmacht der Vernunft“.

Im Kern bedeutet dieses Verhalten, daß die Anwender etwas in das Programm hineingedeutet hatten, was in ihm gar nicht vorhanden und auch nicht angelegt war.

Es gibt ja eine Reihe von Programmiersprachen, die helfen sollten, den Computer quasi intelligent zu machen, z. B. Lisp oder Prolog. Lisp steht für List Processing und Prolog für Programming in Logic. Der grundlegende Datentyp bei Lisp sind Listen. Auch Lisp-Programme bestehen aus Listen, die durch ein Programm selbst verändert werden können. Dadurch konnten sich Lisp-Programme gewissermaßen selbst verändern. Bei Prolog sieht es etwas anders aus. Dort werden bestimmte Beziehungen definiert, die Objekte zueinander haben. Aus diesen Beziehungen lassen sich Aussagen ableiten, die nicht als Daten vorgegeben sind, aber der Logik der definierten Beziehungen entsprechen.

Meiner Meinung nach – und ich bin bei dem Thema kein Fachmann, nicht mal übermäßig kenntnisreich – kranken solche Versuche vor allem an dem Ansatz, denn die Programmier­sprache oder die Systeme sind ja erst einmal programmiert, und ein Programm ist dem Wortsinn nach eben eine Vorschrift, etwas Vorgeschriebenes. Wie dieses fest Codierte die eigenen Grenzen überschreiten soll, übersteigt mein Verständnis der Sache. Natürlich gibt es sehr komplexe Programmsysteme, deren Wert ich nicht kleinreden möchte, aber was ihnen fehlt und hoffentlich immer fehlen wird, ist Eigenständigkeit und – jetzt werde ich altmodisch – Geist.

Für mich sind Intelligenz und Bewußtsein untrennbar miteinander verknüpft. Daraus ergibt sich dann auch eine ethische Frage: Wenn Maschinen sich ihrer selbst bewußt sind, dürfen wir sie dann einfach benutzen, oder käme das einer maschinellen Sklaverei gleich? Ich warte auf den elektronischen Descartes: Ich denke, also bin ich.

Ich werde erst dann an die Existenz von künstlicher Intelligenz glauben, wenn mich die Geschirrspülmaschine – nicht programmiert, sondern aus eigenem Antrieb – anmault, für nur 5 Teller sei sie sich nun wirklich zu schade.