Der Rote Faden

Von Rolf Mackowiak

Lachen

Kennen Sie etwas Umwerfenderes als das Lachen kleiner Kinder? Da wird gegluckst und geprustet, daß es einem jede schlechte Laune aus dem Kopf weht.

Mir fallen zu dem Theme zwei Gedichte von Pablo Neruda ein, aus denen ich einige Zeilen zitiere: Nimm mir das Brot / Wenn du es willst / Nimm mir die Luft / Aber nimm mir nicht dein Lachen. Und: Schöne / Wie aus dem kühlen Gestein der Quelle / Das Wasser einen gischtenden Blitz emporschleudert / So sprüht Dein Lachen / Schöne.

Lachen ist die am wenigsten aggressive Art, einander die Zähne zu zeigen, heißt es. Aber so ganz stimmt das nicht. Eine andere Redensart sagt: Lächerlichkeit tötet. Es kann also auch herabsetzend, wenn nicht vernichtend sein. Denken Sie jetzt auch an des Kaisers neue Kleider?

Wenden wir uns der angenehmen Seite des Lachens zu. Es ist gesund. Es fühlt sich gut an. Nicht umsonst heiß es ja, Lachen sei die beste Medizin. Kennen Sie etwas Umwerfenderes als das Lachen kleiner Kinder? Da wird gegluckst und geprustet, daß es einem jede schlechte Laune aus dem Kopf weht.

 Was aber bringt uns zum Lachen? Das nun kann sehr unterschiedlich sein, hängt oft auch vom kulturellen Kontext ab. Unbestreitbar ist aber, daß das Lachen eine interkulturelle Qualität hat. Wie anders hätten sich Smileys so verbreiten können, und auch deren Nachfolger, die Emojis, sind ja meist heiterer Natur. Viele Sendungen in Radio und Fernsehen versuchen, uns ein Lachen abzugewinnen. Wie man allerdings auf die Idee kommen konnte, die Folgen mancher Serie mit einem Lachen aus der Konserve zu unterlegen, wird mir ewig ein Geheimnis bleiben. Da werden solche Lacher oft an Stellen eingestreut, die ich selbst unter Alkohol nicht komisch finden könnte – oder ich hätte dann noch zu wenig davon im Blut.

Mich erinnert das an den Anfang des privaten Rundfunks. Die morgendlichen Sendungen wurden oft von einem Mann und einer Frau moderiert, die sich unentwegt versicherten, wie locker und gut drauf sie doch waren. Die Künstlichkeit des Lachens quoll aus jedem Ton, und für mich war das einfach unerträglich in seiner Künstlichkeit und damit Verlogenheit.

Ein Lachen kann eine angespannte Situation entschärfen. Ich erinnere mich dabei an einen autobiographischen Bericht von Gerhard Zwerenz, der in Italien mit völlig unzureichenden Mitteln den Rückzug seiner Einheit decken sollte, aus der Deckung trat und lachte. Sein Gegenüber trat ebenfalls aus der Deckung und fiel in das Lachen ein. In dem Fall war Lachen lebensrettend.

Wer sich beim Lachen die Zähne zeigt, schlägt sie sich nur selten ein. Doch da ist Vorsicht geboten, denn das Lachen sollte nicht auf Kosten eines Anderen gehen. Es macht schon einen gewaltigen Unterschied, ob man mit oder über einen anderen Menschen lacht. Jemanden lächerlich zu machen, ist gleichbedeutend damit, ihn seiner Würde zu berauben, ihn bloß­zustellen. Lachen hat zwar etwas Subversives, weil es Dinge auf den Boden der Tatsachen zurückbringt, aber sobald es sich auf einen Menschen direkt richtet, ist Vorsicht angebracht.

Was aber bringt uns zum Lachen? Es sind Ereignisse, die aus dem Rahmen fallen, nicht dem Üblichen entsprechen. Es werden also neue Zusammenhänge aufgezeigt, was uns dann erheitert. Es sind oft auch sprachliche Unschärfen, also Doppeldeutigkeiten, die die Komik der Situation begründen, allgemein Unschärfen in einer Situation. Ich erinnere mich an eine Sitution in meinem Elternhaus. Meine Mutter hatte einen Teig angesetzt, und damit er ein wenig schneller geht, hatte sie die Schüssel auf den Heizkörper gestellt. Unglücklicherweise hatte mein Vater seine Schuhe unter den Heizkörper gestellt und der überquellende Teig war in die Schuhe gelaufen. Mein Kommentar zu meinen Eltern: „Ich glaube, der Teig geht. Die Schuhe hat er jedenfalls schon an.“